-4-Einnässen

 Das Zauberbuch

eine Geschichte von Katrin
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Katrin


Das Zauberbuch


Es war einmal ein kleines Mädchen namens Linda. Linda war ein hübsches Kind mit langen,blonden Haaren und einigen lustigen Sommersprossen.
Ihre Mutter flocht Linda immerzu zwei Zöpfe und deshalb nannte jeder Linda nur "Zöpfchen". Weil sie so lieb war mochten alle Leute Zöpfchen gern.
Zur Familie gehörten ausser den Eltern und Zöpfchens Bruder Tim noch die Grossmutter, die ein wenig weiter weg vonZöpfchens Elternhaus wohnte.
Als Linda 5 Jahre alt wurde erhielt sie zum Geburtstag von ihrer Grossmutter ein Buch geschenkt. Aber es war nicht irgendeinBuch sondern ein Zauberbuch.
Die Grossmutter gab es ihr und sagte: "Wenn du einmal ganz traurig bist, dann nimm dieses Buch und schaue es dir an, und duwirst sehen, was es alles an Wunder gibt."
Zöpfchen bedankte sich artig -wie sie es immer tat- und legte das Buch in ihr geheimes Versteck, damit niemand es findenkonnte und fortan erzählte sie niemandem von ihrem Zauberbuch.
Zöpfchen hatte eigentlich keine Sorgen und war auch nicht traurig. Also vergass sie mit der Zeit das Buch in ihrem Versteck.
Als Zöpfchen fast 8 Jahre alt war sagten die Eltern zu ihr und ihrem Bruder eines Tages:
"Liebe Kinder! Heute hat die Mutter Geburtstag und so möchten eure Eltern einmal ausgehen. Ihr seid artige Kinder und werdet fein schlafen und keinen Unfug anstellen, wenn wir nicht im Hause sind!"
Zöpfchen und ihr kleiner Bruder waren noch nie alleine im Haus geblieben. Aber weil sie ihren Eltern keine Sorgen machen wollten versprachen sie lieb zu sein und gleich zu schlafen. Als die Eltern sich dann verabschiedeten und die beiden Geschwister in ihren Bettchen lagen begannen sie sich doch ein wenig zu fürchten.
Es dauerte auch garnicht lange, bis Tim zu weinen begann. Zöpfchen versuchte ihn zu trösten und wollte ihm eine kleine Geschichte erzählen. Aber Tim weinte, weinte und weinte immerzu. Auch Zöpfchen begann nun zu weinen, weil sie auch Angst bekam und weil sie merkte, dass sie ihren Bruder nicht trösten konnte.
Zur Grossmutter konnten sie nicht laufen, weil das Haus abgeschlossen war und sie auch beide viel zu viel Angst in der Dunkelheit hatten. Ausserdem hatten die Eltern verboten, dass die Geschwister in der Dunkelheit auf die Strasse gehen.
Als Zöpfchen so in ihrem Bett lag und eine Träne nach der anderen rollte, erinnerte sie sich plötzlich an das Zauberbuch, welches ihr die Grossmutter vor langer Zeit geschenkt hatte. Schnell stand sie auf und ging zu ihrem Bruder, der nun weinend und schluchzend in einer Ecke des Zimmers hockte.
"Tim! Hör auf zu weinen! Ich habe eine gute Idee, was wir tun können, damit wir nicht länger traurig sein müssen und Angst haben.
Die Grossmutter schenkte mir vor langer Zeit einmal ein Buch. Ein Zauberbuch! Komm, setz dich auf mein Bett. Wir werden es zusammen anschauen und vielleicht fürchten wir uns dann nicht mehr!"
Tim schaute Zöpfchen misstrauisch an. Dann aber stand er schnell auf und kletterte flink auf Linda´s Bett. Linda holte das Buch aus ihrem Versteck und setzte sich neben Tim auf die Bettdecke. Sie schlug die erste Seite auf und beide waren bitter enttäuscht.
Tim begann sofort wieder zu weinen, denn das erste Blatt war vollkommen leer. Nicht einmal ein Buchstabe oder ein Bild war darauf zu sehen. Linda tröstete ihren Bruder wieder und schlug vor, doch erst einmal die anderen Seiten anzusehen.
Gespannt schauten sie nun, was auf der anderen Seite zu sehen war. Es mussten ja Bilder und Geschichten darin sein, denn es hiess ja nicht umsonst :"Deine Abendteuer im Wunderparadies".
Zöpfchen blätterte also weiter und sie sahen ein wunderschönes Bild. Ein Wald war darauf zu sehen, dazu viele kunterbunte Vögel in den tollsten Farben und ...... was war das ?
Tim und Linda hielten den Atem an. Da bewegte sich doch etwas hinter einem Baum !
Gerade wollte Tim wieder zu weinen beginnen, als plötzlich ein kleines Männlein aus dem Bilderbuch hinter dem Baum hervor schaute.
Es schaute nach allen Seiten, bis es Tim und Linda entdeckte und -schwups- sprang es aus dem Bilderbuch geradewegs auf Zöpfchens Bettdecke.
Tim und Linda waren mucksmäuschenstill und schauten ganz gespannt auf das kleine Männlein, welches sich nun direkt vor die beiden Geschwister stellte und mit piepsender Stimme zu ihnen zu sprechen begann.
"Guten Tag Linda und Tim! Schon lange habe ich auf euch gewartet, denn ich möchte euch das Wunderparadies zeigen.Kommt mit mir, steigt ein in unsere Welt und seht was wir so treiben." Die beiden Kinder konnten sich vor Überraschung erst garnicht bewegen aber das kleine Männlein nahm ihre grossen Hände und zog sie einfach mit sich.
Hinein in das wunderbunte Zauberbuch. Mit einem mal standen sie auf dem Waldweg, den sie noch kurz zuvor im Bilderbuch angeschaut hatten.
Rings um sie herum zwitscherten die Vögel und flogen von Ast zu Ast und von Baum zu Baum. Ein grosser, brauner Bär sass unter einer knorrigen Eiche und schleckte einen Topf Honig aus - geradewegs mit seinen Tatzen.
Er winkte den Geschwistern zu und machte sich dann wieder über seinen Honig her.
Dann hörten die Kinder lautes Summen und schauten in die Luft. Genau über den beiden flog eine ganze Armee fleissiger Bienen und alle hatten ein kleines Eimerchen am Arm.
Das kleine Männlein sagte: "Das ist unser fleissiges Honigvolk - die Bienenfamilie Süss !
Da unter dem Baum sitzt Petz, unser Kuschelbär und ich bin Täummel-das Waldmännlein. Aber kommt weiter. Es gibt noch viel zu sehen in unserem Land."
Linda und Tim staunten sehr und konnten es noch garnicht fassen, was ihnen da widerfuhr. Eigentlich müssten sie ja jetzt im Bett liegen und schöne Träume haben. Stattdessen spazierten sie im Wunderparadies herum und freuten sich über die vielen schönen Dinge, die es hier zu sehen gab!
Sie konnten darüber aber garnicht weiter nachdenken, denn schon ging es weiter des Wegs. Sie gingen auf einer saftig grünen Wiese entlang und sahen viele bunte Kühe da stehen. Tim lief aufgeregt hin und her und sagte immer wieder: "Schau nur ! Bunte Kühe !
Und wie zahm sie sind ! Sie lassen sich sogar streicheln !"
Aber plötzlich erschrak er sich mächtig, denn hinter ihm begann eine gelbe Kuh zu sprechen: "Hast du Durst kleiner Mann ?
Unsere Milch ist frisch und lecker !"
Tim verschlug es die Sprache und auch Linda schaute verdutzt. Aber dann lachten sie und gingen beide zu der Kuh, die Tim angesprochen hatte.
Als die beiden sich satt getrunken hatten gingen sie weiter.
Plötzlich mussten sie die Augen schliessen, denn etwas blendete sie.
Als sich ihre Augen an das helle Licht gewöhnt hatten riskierten sie einen Blick und vor Verwunderung blieb ihnen der Mund offen stehen.
Da strahlte eine Sonne, wie die Kinder sie noch nie zuvor gesehen hatten. Sie schien so hell und wollig warm und doch konnte man ihr lachendes Gesicht erkennen.
Plötzlich wurde einer ihrer Strahlen zu einem langem Arm -voran eine Hand , die zu winken begann. Gleich darauf hörten sie, wie die Sonne mit glockenheller Stimme zu ihnen sprach: "Kommt weiter. Wir wollen euch alles zeigen, was es bei uns gibt."
Sie staunten jetzt nicht mehr weiter darüber. Dazu war gar keine Zeit mehr, denn schon zog Täummel sie weiter.
Nun wurde alles noch bunter. Sie sahen kleine Häuser, kleine Männchen und noch kleinere Kinder der Waldmännchen, unendlich viele bunte Blumen, die in allen Farben leuchteten und einen Spielplatz -soooo riesig und abendteuerlich schön, wie sie ihn noch nie zuvor gesehen hatten.
Da war eine Rutsche - so lang wie der Weg von Zöpfchens Elternhaus zum Haus der Grossmutter. Eine Schaukel, auf welcher mindestens zehn Kinder zugleich schaukeln konnten! Eine Hüpfburg, welche der Erdkugel gleich sah und einen Sandkasten, der so gross war, dass man darin ein Haus für die grossen Menschen in Tim und Linda´s Welt bauen könnte.
Dazu die vielen bunten Spielzeuge und Teddys - Tim und Linda konnten sich garnicht daran satt sehen!
Dann aber stürmten sie auch schon los, - nachdem Täummel sie dazu ermutigt hatte - auf den Riesenspielplatz für Zwergenmenschen. Sofort fanden sie Freunde und wurden überhaupt nicht bestaunt oder begafft, weil sie so gross waren.
Denn die Menschen im Wunderparadies waren ja alle sehr klein.
Sie spielten mit den Kindern Verstecken und schaukelten bis ihnen schummrig wurde. Sie bauten zusammen Burgen im Sand und kletterten an den vielen Kletterstangen bis hoch an die Wolken.
Die Zeit verging, aber Tim und Linda achteten garnicht darauf. So sehr waren sie in das Spielen im Wunderparadies vertieft.
Unter den Kindern war auch ein kleines Mädchen, welches hinter einem Busch sass und weinte. Ja, auch hier gab es Tränen !
Aber meist dauerte es nicht lange, bis die Kinder wieder zusammen spielten und lachten.
Das kleine Mädchen - es hiess Zipfelchen - aber weinte und keiner bemerkte es.
Nur Linda sah es und ging zu ihr hin.
"Warum weinst du denn?" fragte Linda das kleine Zipfelchen.
Aber ihr schien es, als hörte das Mädchen sie garnicht, denn sie weinte immernoch.
"Hey, kleines Mädchen ! Hör auf zu weinen und erzähl mir, was dich so traurig macht ."
Da wurde Zipfelchen still und sah Linda mit seinen grossen Kulleraugen an:
"Meine Puppe ! Sieh nur ! Sie ist ganz kaputt, denn sie ist beim turnen von der Kletterstange gefallen."
Linda nahm das kleine Mädchen an die Hand und ging mit ihr schnell auf die andere Seite des Spielplatzes, wo eine riesengrosse Kiste stand. Darin waren tausende von Puppen - mehr als in jedem Kaufhaus bei den grossen Menschen von
Linda und Tim und eine Puppe war schöner, als die andere.
"Schau nur, kleines Zipfelchen ! Da sind so viele andere Puppen. Da kannst du dir doch eine neue aussuchen !"
"Ich möchte aber keine neue ! Ich möchte meine Evelin wieder haben !"
sprach das weinende Mädchen. Da stand Zöpfchen auf, schob ihr langes Haar über die Schulter und ging mit der Puppe Evelin zu Täummel dem Waldmännchen und bat ihn:
"Bitte repariere das Püppchen des kleinen Zipfelchens. Sie ist sonst ganz traurig und eine neue mag sie nicht haben."
Täummel nahm die Puppe und sah sie sich genau an. "Ich will sehen, was ich tun kann" sprach es und ging weg.

Inzwischen sassen alle Kinder an einem grossen Tisch. Linda und Zipfelchen setzten sich schnell zu Tim. Festlich gedeckt mit bunten Luftschlangen, vielen kleinen und grossen Leckerbissen war der Tisch und rings umher hingen Lampions in allen Farben.
Da gab es Fässer - voll mit leckerem Kakao, riesen Kuchenstücken mit Streussel so gross wie Topfdeckel und Früchte - süss und saftig von den Sträuchern aus dem Wunderparadies.
Jede Menge Limonade in Eimern, Eis von dem eine Kugel so gross war, wie eine Schallplatte. Die Kinder aßen sich tüchtig satt, gingen dann sogar Zähne putzen und blieben dann noch ein Weilchen auf ihren Stühlen sitzen, denn auch im Wunderparadies darf man nicht gleich nach dem Essen wieder herumtoben.
Es soll ja kein Kind Bauchschmerzen bekommen.
Als alle ihre Tassen und Teller fort geräumt hatten ging es wieder mit großem Getöse zum Spielplatz. Dort tobten und spielten sie wieder weiter wie vorher.
Nur Linda und Zipfelchen blieben noch ein Weilchen sitzen. Unterdessen war das Waldmännlein wieder gekommen und gab Zipfelchen ihre reparierte Puppe zurück.
Das Mädchen freute sich so sehr darüber, dass es herum sprang und dabei ihre Kakaotasse umfiel und ein wenig davon auch über Lindas Nachtjäckchen kleckerte.
Die Kinder fanden das nicht weiter schlimm und gingen wieder zu den anderen Kindern spielen.
Dann aber kam das Waldmännlein zu Tim und Linda und sagte:
"Kinder es wird Zeit. Ihr müsst wieder nach Hause. Kommt, ich bringe euch heim."
Die Kinder verabschiedeten sich und versprachen wieder zu kommen, wenn sie wieder einmal traurig sind.
Sie gingen mit Täummel nicht den Weg, den sie gekommen waren, sondern einen kleinen Schleichweg, an dessen Rand herrliche Beeren wuchsen.
Sie durften schnell noch ein paar davon pflücken und naschen und gingen dann geschwind weiter.
Als sie am Wegende ankamen verabschiedeten sie sich auch von Täummel und bedankten sich für all die tollen Dinge und sprangen geradewegs vom Weg auf der letzten Seite des Zauberbuches in ihre Bettchen und schliefen sogleich ein.
Als Linda des Nachts durch ein Geräusch wach wurde freute sie sich, dass sie einen solche schönen Traum hatte.
Dann öffnete sie die Augen und sah die Grossmutter, die gekommen war, um nach den Kindern zu sehen.
"Linda !" flüsterte die Grossmutter leise um Tim nicht zu wecken.
"Was hast du denn mit deiner Nachtjacke gemacht ? Da ist doch ein Fleck drauf ! Es sieht aus wie Kakao."
Linda erschrak gewaltig, sah sich den Fleck an und ihr Traum fiel ihr wieder ein.
War es garkein Traum gewesen ? Sie erinnerte sich daran, wie Zipfelchen aus dem Wunderparadies den Kakao verschüttet hatte, weil sie sich so sehr über die reparierte Puppe gefreut hatte.
Dann sah die Grossmutter auf dem Fussboden das Zauberbuch liegen und lächelte.
Ohne ein weiteres Wort zog sie Linda ein frisches Nachthemd über und nahm das bekleckerte mit nach Hause zum waschen.
Sie wusste nun, dass Linda und Tim letzte Nacht sehr traurig gewesen sein mussten und sich das Zauberbuch angesehen hatten, welches sie Linda vor langer Zeit geschenkt hatte.
Die Grossmutter wusste auch, was die Kinder dort im Wunderparadies erlebt hatten, aber sie verriet nichts an die Eltern, als diese heim kamen.
Sie zwinkerte nur mit den Augen zu Linda und fragte am nächsten Tag:
"Na? Habt ihr euch gefürchtet, als ihr alleine wart?" "Nein!" antwortete Linda.
Und Tim sagte: "Wir sind doch schon groß und haben garkeine Angst alleine zu bleiben.
Mutti und Vati können ruhig öfter Abends weggehen, wenn sie möchten."
Das freute die Eltern sehr und als sie wieder einmal ausgingen und die Geschwister allein waren -
was glaubt ihr, liebe Kinder, wo dann Tim und Linda waren ???
 
 
 
 

 
© by Katrin N. 1996
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